Sowohl „NoFuture“- als auch „NoPresent“-Narrative unterminieren Handlungsoptionen in der Gegenwart. Während sich „NoFuture“-Narrative aber auf eine vermeintliche Unmöglichkeit oder Begrenztheit von Handlungsoptionen im Angesicht einer imaginierten und unrealistischen Zukunft abheben, gehen „NoPresent“-Narrative von einer Unmöglichkeit sozialen Wandels aus. Dies kann unter anderem Ausdruck von einer Resignation aber auch eines naturalistischen Fehlschlusses sein.
Typische Erklärungsmuster sind im Falle einer Resignation: „Wir können da sowieso nichts tun. Was bringt das schon? Die da oben sind doch sowieso dagegen.“ Ein naturalistischer Fehlschluss deutet die Resignation zum immanenten Prinzip der Welt um und versucht der Resignation so ihren Schrecken zu nehmen. Allerdings geschieht dies ebenfalls auf Kosten der eigenen Akteursqualität. Beispiele:
- „Kinder sterben nun einmal.“
- „Wozu mehr Infektionsschutz? Die Natur geht ihren Weg.“
- „Veränderungen im Weltklima gab es schon immer.“
Die Resignation wird positiv umgedeutet als „natürlicher Verlauf“, der keine zeitliche Dimension mehr kennt. Dabei wird jedoch dem Menschen in seiner Natur die Befähigung zum eigenen Handeln abgesprochen. Beiden Sichtweisen ist gemeinsam, dass sie Handlungsalternativen herunterspielen und sich auf andere übertragen lassen können.
Man stelle sich diese Einstellung für wichtige Personen von gesellschaftlicher Bedeutung vor, wie etwa Martin Luther King oder die Bewegung der Suffragetten. Gesellschaftlicher Wandel ohne Glauben in die eigenen Einflussmöglichkeiten hemmt jede Form von sozialem Wandel und wird zum Teufelskreislauf einer sich selbst begrenzenden Gesellschaft.
Die Gegenwart wird somit verklärt zu einer naiven Vorstellung in der wahlweise nur eine kleine Anzahl von Personen oder niemand Einfluss nehmen kann. Ein mögliches Einfallstor für den Glauben an Verschwörungsmythen. Dies gilt auch für resignative Formen des „NoPresent“-Narratives, da hier einfache Erklärungsmuster – und solche bieten nun einmal auch Verschwörungsmythen – als Entlastung wahrgenommen werden könnten. Vor allem in Krisenzeiten.
Auch den „NoPresent“-Narrativen lässt sich etwas entgegensetzen. So sieht das vermutlich auch Itamar Shatz, der zum naturalistischen Fehlschluss einen sehr lesenswerten Beitrag in Effectiviology verfasst hat. Mit Resignation ließe sich mindestens kurzfristig durch positive Bestärkung zur Übernahme anderer Perspektiven auf die Gegenwart umgehen.
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