Ostprog: „Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Sie würden mit den Ängsten der Schulfamilie spielen?“
Thomas Pettinger: „Es ist schon ein harter Tobak das so zu sagen, vor allem mit der Namensnennung. Wenn Eltern über die korrekten Inzidenzen in der Stadt gut informiert wären, würden sie glaube ich anders reagieren, als sie es jetzt tun. Auf dem Portal der Stadt Nürnberg wurden z.B. für den 4. Februar ausgewiesen, dass es in den 14 Tagen davor insgesamt 222 Fälle an Nürnberger Kitas und Schulen gegeben habe. Wenn man dann aber auf die RKI-Daten schaut, sieht man, dass im gleichen Zeitraum von vierzehn Tagen für Kinder im Alter von 0-19 Jahren rund 7000 Fälle gemeldet wurden. Selbst wenn davon nur ein Teil der Schule zuzuordnen sind, sieht man, dass da eine riesige Diskrepanz ist. Das ist es, was die Stadt ausnutzt, wenn sie aus ihrer Sicht von sicheren Schulen spricht.
Der Vorwurf Angst zu schüren ist daher einfach eine falsche Unterstellung. Die korrekte Information über die realistische Lage in der Stadt verursacht ja keine Angst, sondern es ist die Situation an den Schulen mit dem unglaublich hohen Infektionsrisiko und auch der bestehende Leistungsdruck. Das sind die Sorgen, die Kinder und Jugendliche derzeit haben, die aber von der Politik gar nicht angegangen werden.
So ein Vorwurf zeigt wohl auch, dass Ängste bei Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern derzeit in der Politik gar nicht richtig verstanden werden. Die sehen überforderte Verwaltungen im Umgang mit Daten, sich ständig ändernden Vorgaben, über die die Ämter gar keinen kompletten Überblick haben. Die Städte und Referent*innen werden da allein gelassen. Die Stadt erlebt dann Kritik von uns, aber auch z.B. von den Querdenkern und in diesem Spannungsfeld ist es schwer, sich zu bewegen.“
Ostprog: „Die Kritik der Stadt richtete sich auch gegen Ihre Empfehlung, Kinder und Jugendliche krankschreiben zu lassen, damit Schulklassen in den Distanzunterricht gehen können.“
Thomas Pettinger: „Man muss ja dazu sagen, dass das permanent auch schon passiert. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Eltern bei so hohen Inzidenzen ihre Kinder zuhause lassen können und das auch können sollten, wenn es geht. Jedes Kind, das derzeit zuhause ist, entlastet ja auch die Kinder, die zur Schule gehen müssen, weil sie nicht zu Hause bleiben können. Sei es, weil die Eltern in der kritischen Infrastruktur arbeiten, es für den Zugang zu Onlineunterricht zu Hause an schnellem Internet mangelt oder sich mehrere Kinder ein Zimmer teilen.
Das ist aber keine an die Stadt gerichtete Forderung, das muss das Land Bayern machen. Frau Trinkl ist hier gar nicht zuständig. Was sicherlich nicht ganz richtig war, war dieser Aufruf, dass sich Eltern abstimmen und gemeinsam 50% der Schüler krankschreiben lassen. Hier verstehe ich die Kritik. Im Papier des bayerischen Kultusministeriums war der Prozentwert nicht mehr enthalten, die Schulleiter*innen können hier daher freier entscheiden.“
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