Wie groß das soziale Gewissen bei der Initiative ausgeprägt sein muss, zeigte diese deutlich im November vergangenen Jahres. Die Firma Merck ermöglichte der Stadt Darmstadt durch eine Spende, ihr Angebot für Nichtschwimmer:innen-Kurse auszubauen. Die Initiative Familien kritisierte dies. Das Konzept, so hieß es laut Echo-Online, „gelte nur für sozial benachteiligte Kinder.“ Man kritisierte auch die Tatsache, dass die Stadt überhaupt auf eine Spende des Großkonzerns angewiesen war. Doch wie so häufig: Anstatt die Kritik auf die strukturelle Ebene zu verlagern, war nun Merck verantwortlich.
Es ist ohne Zweifel ein einseitiges Engagement, kein gesamtgesellschaftliches. Vielleicht ist auch das eine der Ursachen, weshalb der Verein seit über einem Jahr in Gründung ist, obwohl man laut Satzung die Gemeinnützigkeit anstrebt und bereits seit Monaten ein Formular für Fördermitgliedschaften bereitstellt. Mindestbeitrag 12 Euro. Besonders unlauter: Der Verein wird dort seit längerem als „e.V.“ bezeichnet.
Die Initiative hat in vielen Bundesländern beste Kontakte zu Bildungsministerien und Politik hergestellt. In Bayern geht das sogar so weit, dass man diese als Teil der Schulfamilie bezeichnet. Abgesehen von wiederkehrenden Vorwürfen und Vermutungen, dass die Initiative Positionen von Querdenken besetze oder sogar eine Astroturf-Kampagne der Lobbygruppe Initiative Neue Soziale Markwirtschaft sei, gab es wenig greifbare Kritik, die sich mit harten Fakten untermauern ließ. Mit Ausnahme der prominenten Unterschrift des Kandidaten der Querdenken-Partei dieBasis, Andreas Sönnichsen. Bis sich vor wenigen Monaten einiges änderte.
Seine Familie sucht man sich nicht aus?
Im Oktober konnte ich anhand eines internen Chatverlaufs der Rechercheplattform Filder Nazifrei nachweisen, dass Zarah Abendschön-Sawall, Mitglied des Bundesvorstands und ebenfalls aus dem Bundesland Baden-Württemberg, gemeinsam mit einer Querdenkerin aus Reutlingen, eine Demonstration in Stuttgart geplant hatte. Im Chat fiel das Wort „Impfpropagandafilm“, welches Zarah Abendschön-Sawall nach eigenen Angaben nicht aufgefallen sein soll, obwohl sie im Screenshot direkt auf diesen Beitrag antwortet.
Zwei Wochen nach der Recherche entschuldigte sich die Initiative. Doch immer wieder stieß ich bei Recherchen in sozialen Netzwerken und durch Hinweise auf problematische Einstellungen, Interaktionen und Kontakte, die untermauern, dass man bei der Initiative Familien offen gegenüber Querdenken eingestellt ist:
- der Interaktionen und Kontakte mit Querdenken auf Twitter
- die Schilderungen einer Person, die aufgrund ihres Besitzes interner Dokumente eindeutig als ehemaliges Mitglied zu identifizieren war und mir gegenüber erklärte, dass die Initiative zunehmend Positionen von Querdenken kopiert habe
- die anhaltende Unterstützung für die Querdenkerin Nele Flüchter und deren Partei
- unmoderierte Aussagen von Sympathisant:innen in deren Facebookgruppe zur Impfung und sonstigen Themen, wie der Vater Martin Schenk berichtete
- der Umgang mit Quellen und Fakten, die dem eigenen Weltbild widersprechen, wie ich anhand der Unterlagen eines Webinars – das die Initiative beim Goldenen Aluhut absolvierte – deutlich zeigen konnte
„Zu Anfang hat man sich noch für echten Kinderschutz eingesetzt und auch langsame Lockerungen gefordert (…), aber dann hat man sich in Richtung Querdenker entwickelt bzw. Positionen kopiert.“
– anonymes ehemaliges Mitglied der Initiative Familien
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