Im Programm der FDP findet sich zudem kein Hinweis darauf, wie hoch eine solche Bepreisung konkret sein sollte. Eine Studie der von mehreren Autor:innen der DIW Berlin, die im Beitrag von DIW Econ ebenfalls zitiert wird, legt nahe, dass es „[a]ufgrund der hohen CO2-Vermeidungskosten (…) Preise zwischen 200 und 400 Euro pro Tonne CO2“ im Rahmen des Europäischen Emissionshandels bedürfte, um die Maßgaben des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen.
Wie diese Bepreisung ausfallen soll, bleibt aber im Wahlprogramm der FDP offen. Wie sollen die Autor:innen also eine Bewertung dieser Maßnahme vornehmen, wenn sie unkonkret bleibt? Die SPD liefert hier mit der Forderung nach einem Tempolimit von 130 Km/h auf Autobahnen einen konkreten Vorschlag, der nachweislich mehrerer Berechnungen eine Einsparung bei den Emissionen ermöglichen würde, wie etwa der Tagesspiegel berichtete.
In der Studie heißt es übrigens nicht, dass eine CO2-Bepreisung per se eine unzureichende Maßnahme sei. Darin steht, diese sei „eine wichtige, allerdings keine hinreichende Bedingung für das Erreichen der Klimaziele. Allein entfaltet die Bepreisung von CO2-Emissionen keine ausreichende Wirkung, um die notwendigen Veränderungen in der geforderten Geschwindigkeit zu erreichen. Grund dafür ist unter anderem, dass Konsument:innen nicht ausreichend auf Preissignale reagieren und daher ein wirksamer CO2-Preis so hoch sein müsste, dass er sich aufgrund regressiver Verteilungseffekte nur schwer durchsetzen ließe.“
Eine genauere wissenschaftsjournalistische Einordnung dazu findet sich bei Quarks & Co., die kürzlich ebenfalls für ihre Einordnung des Wahlprogramms der FDP zur Bundestagswahl in der Kritik standen. Eine Anfrage beim DIW bezüglich der Aussage von Gert Wöllmann, dass es sich um „Propaganda“ handele, habe ich gestellt und warte derzeit auf Beantwortung.
Hierbei bezieht sich Gert Wöllmann zudem nur auf eine einzige Studie. Es gibt ebenfalls eine Analyse des Konzeptwerks Neue Ökonomie, einem unabhängigen Verein, der zu ähnlichen Ergebnissen gelangt, zumindest bezüglich des Wahlprogramms der FDP:
3 Comments
Wahlkampf ohne Inhalte? - OSTPROG · 12. September 2021 at 1:38
[…] wichtige Hinweise und Anreize, die den Wähler:innen als Orientierung dienen. Beispielsweise, wenn ein FDP-Mitglied eine Studie als „Propaganda“ bezeichnet. Hier beginnt bereits der Inhalt zu entstehen. Unter […]
Der naive Liberalismus des Tom Bohn: Tatort Querdenken - OSTPROG · 20. Dezember 2021 at 0:31
[…] fiel mir auf, dass der Hamburger FDP-Politiker Gert Wöllmann den Tweet geliket hat. Wöllmann war bei mir bereits zuvor Thema, weil er im Bundestagswahlkampf eine Studie von DIW-ECON als „Propaganda“ bezeichnete. Ich […]
Transparenzkalender 2021 - OSTPROG · 22. Dezember 2021 at 18:47
[…] Gert Wöllmann (FDP) bezeichnet eine wissenschaftliche Studie als „Propaganda“ […]