Der Beitrag lässt zwei Personen der Initiative Familien zu Wort kommen. Beide ausgerechnet aus dem Landesverband der Berliner Initiative Familien. Eine sagt: „Uns wurde vorgeworfen, (…) dass wir AfD-Anhänger seien, Nazis oder karrieregeile Mütter, die sich nicht um ihre Kinder kümmern wollen.“
Das ist korrekt. Korrekt ist aber auch, dass ich solche Vergleiche nie bemüht habe. Der Eindruck soll aber möglicherweise entstehen und hängen bleiben. Oder ist es nur ein unglücklicher Zufall, dass ausgerechnet ein alter Tweet von mir im Beitrag erwähnt wird. Das von der Person bemängelte „Schwarz-Weiß-Denken“ trifft hier demnach eher auf weiterhin auf die Selbstwahrnehmung zu.
Viel eher sprach ich etwa im März 2022 ganz neutral davon, dass es sich bei der Initiative um eine „Gruppe von Müttern und Vätern handelt, die die Kooperation mit Querdenken zulässt.“ Das ist nachweislich des Ablaufs eine Tatsachenbehauptung.
AfD-Befürworter:innen habe ich bei der Initiative auch nie vermutet, wohl aber eine fehlende Abgrenzung von der nachweislichen Vereinnahmung durch die AfD als auch die kritische Auseinandersetzung damit, wen man sich als Unterstützung ins Boot holte.
Es wird von „Hass und Hetze“ geschrieben, ohne sich mit der auf klaren Beobachtungen gestützten Bewertung zu befassen. Ein typisches Muster einer fortgesetzten Opferhaltung. Dabei gestehe ich auch heute noch der Initiative zu, sich endlich selbstkritisch mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Selbst im August schrieb ich noch: „Für mich erfüllt die Initiative damit alle Kriterien üblicher Gruppierungen von Querdenken (…). Solange (!) die Initiative keinen Willen zur Aufarbeitung und Verhaltensänderung zeigt, bleibe ich bei dieser Einschätzung.“
Man kann sich darüber streiten, ob die Voraussetzungen dafür noch erfüllt sind, da sich die Initiative zusehends mehr mit anderen Thematiken als Corona befasst. Umso erstaunlicher ist das aktuelle Nachtreten der Initiative ausgerechnet in einer Situation, in der Kinderkliniken vor dem Kollaps stehen. Doch die reine Opferhaltung – die ich bei vereinzelten Kommentaren sogar teilweise völlig nachvollziehen kann – ist auch journalistisch nichts Neues. Die Qualität mit der ich im Artikel damit in einen möglicherweise bestehenden Zusammenhang gebracht werde, allerdings schon.
Auch die Frage, ob eine solche Bloßstellung nicht ebenfalls das Zeug zur weiteren Radikalisierung und einer Erhöhung meiner persönlichen Bedrohungslage bietet, etwa nachdem ich im November 2021 nach der Veröffentlichung eines Beitrags eine Morddrohung aus dem Umfeld von Querdenken erhielt, sollte man sich ebenfalls stellen. Aber die Frage müssen die Redaktion des Tagesspiegels und die Journalistin für sich selbst beantworten.
Ich persönlich könnte der Initiative Familien hier auch noch einmal in aller Deutlichkeit spiegeln, was Personen aus ihrem eigenen Umfeld mir entgegengebracht haben. Aussagen, die ich so nie gegenüber Mitgliedern oder gar der ganzen Initiative gegenüber reproduziert habe. Nicht einmal annähernd. Vieles davon findet sich in meinem Beitrag vom August.
Im Gegensatz zur Initiative muss ich es hier nicht direkt reproduzieren, obwohl ich diesbezüglich nie auch nur ein Wort der Entschuldigung gehört habe. Denn ich habe weder ein Interesse daran als Täter, denn als Opfer zu gelten. Mein journalistischer Anspruch war es immer zu verstehen, was im Zusammenhang mit der Initiative eigentlich geschieht. Insbesondere auch: Warum haben Medien sich bislang nicht gebührend kritisch mit der Initiative befasst? Aus diesen Fragen Verschwörungsnarrative zu basteln, wäre sicherlich ein leichtes, aber auch das habe ich nie getan.
Bislang gehe ich eindeutig von strukturellen Problemen in der Medienlandschaft aus. Fehlende Zeit, fehlendes Problembewusstsein und auch eine mangelnde Integration von Journalist:innen aus ärmeren Schichten in den Medienhäusern.
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