Das ist keine Kritik an ihrem Ausstieg aus Twitter. Distanz ist wichtig zur Reflexion. Ob dieser Prozess dazu führt, dass Frau Prien die Anliegen der Familien ernstnimmt, ist offen. Frau Prien ist nicht allein verantwortlich für die Situation an Schulen. Sie dahingehend aus der Verantwortung zu entlassen, wäre jedoch apolitisch. Fakt ist, dass die Kultusminister:innen die Zeit bis zur nächsten Welle dringend nutzen sollten, um einen wirklich sicheren Schulbetrieb zu gewährleisten.
Dazu gehört auch eine Vorbereitung darauf, dass im kommenden Herbst und Winter die Möglichkeiten für alternative Beschulungsarten gestärkt werden, um das Bildungsangebot aufrechtzuerhalten. Konzepte und Vorschläge liegen wie immer auf dem Tisch. Hinzu kommen lautstarke und konstruktive Forderungen von Schüler:vertretungen für mehr Infektionsschutz an Schulen. Eine Online-Petition von #WirWerdenLaut hat derzeit fast 150.000 Unterschriften gesammelt.
Doch dem Wunsch der Schüler:innen nach einem Treffen mit den Schüler:innen, kam Frau Prien bislang nicht nach. Im Gegenteil, sie plädierte am Samstag dafür, Tests und Masken an Schulen allmählich zu beenden. Direkt am Tag nach ihrem umstrittenen Tweet. Sie sprach von einer „Kultur der Angst an den Schulen“, die man überwinden müsse.
Wie man Fakten überwindet, hat Frau Prien eindrücklich und mehrfach unter Beweis gestellt. Auf welche Weise die Schüler- und Lehrer:innen diese Fakten überwinden sollen, die ihnen diese Angst bereiten, das blieb bislang noch unbeantwortet.
Deutschland schwankt – wie schon seit langem – zwischen zwei Polen. Die diskursive Gleichsetzung dieser Pole ist es, die mir Sorge bereitet. Wir haben Querdenken, das sich wirklich eindeutig an Verschwörungstheorien orientiert, gewaltbereit ist und zu einer Abstufung der Pressefreiheit in Deutschland geführt hat. Davon profitieren anscheinend eine Reihe von Elterninitiativen, die sich dadurch einen Boost der eigenen Positionen versprechen können. Die Vernetzung von Querdenken im digitalen Raum erfolgt recht unauffällig, aber sie ist ein Problem.
Gleichzeitig sehen wir aber auch Eltern, die sich im Kern rational sorgen. Vor Infektionen, aber auch vor psychischen Belastungen. Die Möglichkeit diese Eltern zu unterstützen, wäre da. Es hapert am politischen Willen. Es fehlt an Einsicht in den Fakt, dass wir weiterhin eine pandemische Situation haben. Zugegebenermaßen, ist diese mit März 2020 nicht mehr zu vergleichen, aber genau diese Flexibilität und Vorbereitung auf sich verändernde Situationen, scheitert offenbar an diesem einfachen Eingeständnis. Der „Freedom Day“, den sich viele – darunter auch ich – wünschen, wird nicht kommen, wenn man diesen politisch festlegt.
Das heißt: Doch, er kann kommen. Die Konsequenzen dafür – und das ist es, was viele implizit verstehen, aber vielleicht nicht zugeben wollen – tragen andere. Wie schon viel zu oft in der Pandemie der Milliardäre.
2 Comments
#UnmaskNeleFlüchter - OSTPROG · 17. Februar 2022 at 12:27
[…] der einige Nutzer:innen nachträglich an einen ähnlichen Tweet von Schleswig-Holsteins Kultusministerin Karin Prien erinnert hat. Nicht allein wegen des Inhalts, sondern auch, weil man darin der Nutzerin […]
Walger Texas Ranger - OSTPROG · 4. März 2022 at 20:09
[…] die die Initiative Familien angibt, beschützen zu wollen. Ein Jeck, wen das in irgendeiner Form an Karin Priens vergangene Reaktion auf Twitter […]